Hochwasser im Juli 2021

Vor wenigen Tagen gab es bekanntlich eine gewaltige Flutkatastrophe in Deutschland, ausgelöst durch Starkregen. Gemeinsam mit der DLRG Andernach, war ich noch während des Regens im Einsatz. Wir retteten mehrern Menschen das Leben, teilweise unter Gefährdung unseres eigenen. Die Bilder, die wir vor Ort erlebt haben und auch die Bilder aus den Nachrichten seitdem sind teilweise schwer zu verarbeiten. Aber dafür sind wir in den Rettungsorganisationen ausgebildet. Niemand von uns hat bisher ein solches Ausmaß der Verwüstung miterlebt. Es übertrifft alles, was wir bislang erlebt haben. Und trotzdem haben wir uns nach dem Einsatz in Schuld und Weilerswist schnellst möglich wieder einsatzklar gemacht, um für die nächste Alarmierung gewappnet zu sein. Viele von uns helfen nach ihrer Arbeit und in ihrer Freizeit privat weiter, sei es als Sortierer der ganzen Spenden oder als Helfer direkt vor Ort. Ich bin unfassbar stolz auf unsere gesamte Mannschaft, die unter schwierigsten Bedingungen wirklich unmenschliches geleistet hat.

 

In einer solchen Katastrophe kommt es auf jeden Einzelnen an. Jede Hand ist hilfreich. Auch die Hände, die nicht aktiv anpacken können, sei es aus körperlichen, psychologischen Gründen, oder auch auf Grund anderer Verpflichtungen oder großer Entfernung. Jeder von uns hat in sich die Kapazitäten kreativ zu werden und seinen Teil zum Aufbau beizutragen. Sei es durch Sachspenden oder auch durch finanzielle Unterstützung. Aber diejenigen, die nichts geben möchten können etwas tun. Sie können die Helfer in Ruhe ihre Arbeit machen lassen, sie können zu Hause bleiben und die Straßen für die Rettungskräfte frei halten, sie können sich selbst nicht zusätzlich in Gefahr bringen um dadurch Rettungskräfte zu binden und sie können auch im Internet die Würde der Betroffenen und die unglaubliche Leistung jedes Einzelnen Helfers achten und respektieren. Jetzt ist nicht die Zeit für Hetze, ständige Kritik und das Zerpflücken jeder einzelnen Aussage. Wir erleben zum einen derzeit eine Welle der Hilfsbereitschaft und gleichzeitig zeigen sich immer wieder die Abgründe der menschlichen Natur. Warum können wir einander nicht immer achten und respektieren, uns gegenseitig unterstützen auch abseits solch schrecklicher Katastrophen?

 

All diese Gedanken kreisen mir seit unserem Einsatz durch den Kopf. Ich möchte weiter denken als bis zum sauberen Gehweg. Als Lerntherapeutin und Pädagogin liegt mir unsere gesellschaftliche Zukunft, die Kinder, sehr am Herzen. Als Tante weiß ich, wie stolz die Kleinen sind, wenn sie ihren Schulranzen bekommen und wie lange sie ihn bewundern und ausprobieren, schon weit vor der Einschaulung. Umso trauriger macht mich der Gedanke, dass genau das jetzt sehr vielen Kindern genommen wurde. Im Augenblick ist die schnelle Hilfe vor Ort gefragt. Ich denke aber bereits an die Zeit nach den Ferien und stelle mir die Fragen: Können die Kinder ihre Einschulung überhaupt erleben? Haben die betroffenen Familien das Geld und den Kopf dafür, sich um die Ausstattung für die Schulkinder zu kümmern? Wer denkt an all die anderen Dinge, die alle Kinder und Jugendlichen für den Schulbesuch benötigen? Gibt es nicht Möglichkeiten sich gegenseitig langfristig zu unterstützen? 

Ja, die Schule und alles was damit zu tun hat ist im Augenblick nicht das wichtigste. Ja, im Augenblick geht es um essentielleres, wie einem Dach über den Kopf, Nahrung, Hygiene, Infrastruktur. Und ja, im Augenblick ist Schule einfach ganz ganz weit weg. Aber ich glaube wir sollten auch weiter denken. Da die betroffenen Familien derzeit wirklich erstmal ihre existentiellen Bedürfnisse erfüllt bekommen müssen, möchte ich meine Kapazitäten nutzen, um ein Netzwerk aufzubauen, damit der Schulstart nach den Sommerferien für hoffentlich jedes Kind gelingen kann.

 

Meine Gedanken sind bei allen Betroffenen der Unwetterkatastrophe. Doch ich blicke auch in die Zukunft und hoffe, dass die Hilfsbereitschaft nicht endet. Lasst uns gemeinsam eine soziale Gesellschaft aufrecht erhalten, in der die Bedürfnisse anderer genauso viel Wert sind, wie die eigenen.

 

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